degewo schafft in Berlin Mitte ein Zentrum für soziales und betreutes Wohnen. Der Neubau im Soldiner Kiez ist genau auf die zukünftigen Bewohnenden zugeschnitten. Generalmieter des Zentrums ist die gemeinnützige KIEZquartier gGmbH. Ihr Geschäftsführer Stefan Lutz erzählt uns im Interview, was seit dem Richtfest am 18. November 2022 passiert ist und spricht über die Besonderheiten des Modellprojekts.
In dem fünf- und siebengeschossigen Gebäude an der Gotenburger Straße Ecke Prinzenallee entstehen auf 3.500 Quadratmetern Wohnfläche 58 barrierefreie Wohnungen. Hier werden künftig unter anderem junge Eltern, Menschen mit geistiger Behinderung und Menschen mit Suchtproblemen wohnen. Der im September 2021 begonnene Bau soll im Herbst 2023 bezugsfertig werden.
Sieben soziale Träger unter einem Dach
Das spezielle Raumprogramm des Zentrums wurde mit den sozialen Trägern ADV gGmbH, berliner STARThilfe e.V., Casablanca gGmbH, Lebenswelten e.V., PROWO Berlin gGmbH, ZIK gGmbH und Zukunftsbau GmbH entwickelt, welche die Flächen später auch betreiben werden. Um die verschiedenen Institutionen rechtlich unter einem Dach zu vereinen, hat degewo mit der KIEZquartier gGmbH ein spezielles Generalmietermodell entwickelt. Auch die L.I.S.T. – Lösungen im Stadtteil – Stadtentwicklungsgesellschaft mbH war an der Entwicklung des innovativen Wohnkonzeptes und des anspruchsvollen Finanzierungsmodells beteiligt.
Ein Haus für Soziales Miteinander
Stefan Lutz, Geschäftsführer der KIEZquartier gGmbH, erzählt, dass es in Berlin für soziale Einrichtungen und des betreuten Wohnens in den letzten Jahren immer problematischer geworden sei, Räumlichkeiten bezahlbar und langfristig stabil zu halten. Gleichzeitig seien viele Einrichtungen akut von der Kündigung ihrer Räumlichkeiten bedroht. „Im Zuge der Entwicklung des Modellprojektes in der Gotenburger Straße, haben sich sieben soziale Träger, die alle vom Verlust ihrer Räume im Bezirk Mitte betroffen waren, zusammengeschlossen, um gemeinsam neue Wege zu gehen“, beschreibt Herr Lutz. Aus dieser Kooperation sei dann die KIEZquartier entstanden, die als Generalmieter des neu entstehenden Gebäudes wiederum an die verschiedenen Institutionen vermietet.
Gemeinsame Gestaltung
Das Besondere an dem Modellprojekt ist für Herrn Lutz, dass sowohl die Entwicklung als auch die Gestaltung des Gebäudes kooperativ erfolgte. „Die Institutionen, welche die neu entstehenden Räume nutzen werden, waren von Beginn der Planungen an eng in die Prozesse eingebunden“, erzählt er. „Es wurden gemeinsame Planungsworkshops durchgeführt, so dass das Raumprogramm im Gebäude nun optimal den unterschiedlichen Bedürfnissen der Nutzer*innen entspricht“, führt er weiter aus. Im Planungsprozess konnten so auch Synergien in der Raumnutzung entwickelt werden: Therapie- und Besprechungsräume würden beispielsweise von mehreren Einrichtungen gemeinsam genutzt, was auch Kosten spare. Auch die kooperative und fachliche Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen der degewo war für Herrn Lutz sehr erfolgreich. „Alle Beteiligten haben sich auf neue interdisziplinäre Wege eingelassen“, beschreibt er. „Ich persönlich finde die Haltung und das Interesse an den unterschiedlichen Perspektiven dabei entscheidend.“
Herausforderungen überwinden
Doch die Zusammenarbeit so vieler verschiedener Institutionen brachte auch Herausforderungen mit sich: „Zu Beginn des Projekts waren die unterschiedlichen fachlichen Hintergründe der Beteiligten eine große Herausforderung“, erinnert sich Lutz. „Doch dann überwog das gemeinsame Interesse am Projekt und die anfängliche Skepsis konnte überwunden werden“, beschreibt er. „Der interdisziplinäre Austausch und die kreative Zusammenarbeit haben zwischen degewo und KIEZquartier super geklappt.“ Entscheidend für den Projekterfolg sei für Stefan Lutz auch die gemeinsame und „kreative“ Bearbeitung von Problemen mit der Berliner Verwaltung.
Zeitgemäß UND bezahlbar?
Zusätzlich sei es eine große Herausforderung gewesen, das Projekt wirtschaftlich zum Erfolg zu führen. Die sozialen Träger benötigten bezahlbaren Wohnraum, den sich die zukünftigen Mieterinnen und Mieter auch leisten können sollten. „Ein Gebäude zu entwickeln, das am Ende auch für die Bewohnenden bezahlbar ist und langfristig preisstabil bleibt, gelang nur durch viel gemeinsame, kreative Arbeit und großen Aufwand aller Beteiligten“, berichtet Herr Lutz stolz. Möglich sei das alles auch deshalb geworden, weil das Land Berlin ein spezielles Förderprogramm neu aufgelegt hat. Die degewo und die KIEZquartier gGmbH konnten sich erfolgreich am Projektaufruf beteiligen.
Was seit dem Richtfest passiert ist
Stefan Lutz erzählt uns auch von den neuesten Entwicklungen im Projekt: Vor kurzem habe KIEZquartier einen Workshop durchgeführt, an dem alle fachlichen Leiter*innen teilgenommen haben, die zukünftig vor Ort tätig sein würden. Ziel sei es gewesen, Leitlinien für die kooperative Zusammenarbeit zu entwickeln. „Im Gebäude wird es zukünftig ein Hausmanagement geben. Auch dazu wurde im Workshop erarbeitet, was den Beteiligten dabei wichtig ist und wie die Organisation ablaufen wird“, berichtet Herr Lutz. Der Bau selbst schreite zügig voran und es gebe dabei immer wieder Entscheidungen, die gemeinsam getroffen werden würden.
Über Ziele und Erfolge
Trotz der Schwierigkeiten auf dem Weg zieht Stefan Lutz eine sehr positive Bilanz des bisherigen Projektverlaufs: Man habe aus dem Modellprojekt in der Gotenburger Straße viel über die Herausforderungen und die Machbarkeit solcher kooperativen Bauprojekte lernen können. Das sei wichtig für die Zukunft und für ähnliche Vorhaben. „Ich bin davon überzeugt, dass uns hier etwas ganz Besonderes gelungen ist, das zukünftig dazu beitragen wird, auch in sehr angespannten Märkten Räume für unterschiedliche soziale Nutzungen zu schaffen und diese langfristig zu sichern“, fasst Herr Lutz zusammen. Mit den zukünftigen Bewohnenden und Mitarbeitenden des Zentrums sei bereits ein regelmäßiger Austausch verabredet, um Erfolge und Probleme auch aus der Perspektive der Nutzer*innen zu besprechen und zu dokumentieren.
Wir gestalten Berlin
Im Rahmen verschiedener Modellprojekte trägt degewo zu mehr bezahlbarem, sozialem Wohnraum in Berlin bei und setzt damit ein Zeichen für Integration und Toleranz. Alle Informationen zu Neubauvorhaben und Projekten finden Sie hier:
Aus dem Modellprojekt lernen
Damit auch andere von dem Projekt lernen können, haben degewo und KIEZquartier eine Broschüre herausgegeben, in der die Besonderheiten des Modellprojekts beschrieben werden. Außerdem sind Veranstaltungen geplant, bei denen Teilnehmenden aus unterschiedlichen Bereichen, wie zum Beispiel kommunale Baugesellschaften, Architekten, gemeinnützige und freie Träger sowie Verantwortliche des Senats und der Bezirke aus den Bereichen Grundstücksverwaltung, Bauen und Wohnen, Soziales, Gesundheit, Jugend und auch Banken gemeinsam diskutieren und die Möglichkeiten und Chancen solcher Projekte besprechen können. Am 15. September 2023 veranstalten degewo, KIEZquartier und der Paritätischen Wohlfahrtsverband Landesverband Berlin e.V. einen Fachtag in der Gotenburger Straße.
Ein Blick in die Zukunft
Das nächste Kooperationsprojekt von degewo und KIEZquartier sei auch schon geplant. Im Bezirk Treptow-Köpenick wird die degewo ab 2024 zwei Neubauten errichten und diese langfristig an die KIEZquartier vermieten. Auch hier sollen verschiedene, betreute Wohnformen entstehen: Für Menschen mit Lernschwierigkeiten, für Menschen mit seelischen Behinderungen und chronischen Erkrankungen, für Menschen mit psychischen Erkrankungen und einem Migrationshintergrund sowie Wohnangebote für Eltern mit Kindern.