Wenn der Rohbau eines Gebäudes errichtet wurde und auch der Dachstuhl steht, dann wird traditionell das Richtfest gefeiert. Dieser Brauch hat eine lange Tradition und markiert einen oft emotionalen Meilenstein für die Bauleute. degewo hat sieben Dinge gesammelt, mit denen Sie beim nächsten Richtfest glänzen können.
Das Richtfest gibt es bereits seit dem Mittelalter und obwohl sich im Laufe der Zeit einige Rituale verändert haben, ist der Kern des Brauchtums bis heute gleichgeblieben. Im Vordergrund steht vor allem die Würdigung der Arbeit aller Beteiligten sowie die Beglückwünschung des Bauwerks und der Bauherren.
Was passiert beim Richtfest?
Neben weniger regionaler Unterschiede gibt es einige Traditionen, die bei jedem Richtfest dazugehören. Zum Dank an die Mitarbeitenden wird das Fest traditionell von der Bauherrin oder dem Bauherrn ausgerichtet. Es findet typischerweise auf der Baustelle und zur Arbeitszeit statt, damit alle am Bau beteiligten Menschen daran teilnehmen können. Fester Brauch ist es, dass der Dachstuhl des Gebäudes mit dem Richtkranz – auch Richtkrone genannt – oder einem Richtbaum geschmückt wird. Üblicherweise hält einer der Zimmerleute eine kurze Ansprache – die sogenannte Richtrede – wobei sie oder er in der Regel oben auf dem Dach des Rohbaus steht. Traditionell trinkt die Rednerin oder der Redner Wein oder Schnaps auf das Wohl der Bauherren. Danach wird das Glas vom Dach geworfen, wobei es hoffentlich zerspringt. Denn nur dann – so der (Aber)glaube – steht der weitere Bau und der Haussegen unter einem guten Stern. Anschließend wird der letzte Nagel von der Bauherrin oder dem Bauherren ins Gebälk eingeschlagen. Manchmal spielen die Zimmerleute dabei noch einen kleinen Streich, da kann es schonmal vorkommen, dass der Hammer für das Einschlagen eigentlich ungeeignet ist. Zum Schluss wird mit reichlich Essen und Trinken der „Richtschmaus“ abgehalten.
1. Warum heißt es Richtfest?
Der Name Richtfest leitet sich vom Ausdruck „aufrichten“ oder „errichten“ ab. Damit wird das Aufstellen des Dachstuhls bezeichnet. Deshalb heißt das Richtfest in der deutschsprachigen Schweiz auch „Aufrichte“. Die österreichischen Bezeichnungen „Dachgleiche“ oder „Gleichenfeier“ drücken aus, dass beide Seiten des Daches gleich hoch geworden sind. Für Häuser ohne Dachstuhl wird teilweise der Begriff „Dichtfest“ verwendet. Aber auch die Begriffe „Bauheben“, „Weihefest“, „Hebefest“, „Hebfeier“, „Hebauf“, „Hebweih“, „Hebmahl“, „Firstbier“, „Aufschlagfest“ oder „Hiebschmaus“ sind geläufige Bezeichnungen für das Richtfest.
2. Woher kommt die Tradition des Richtfests?
Der Brauch des Richtfests geht auf das 14. Jahrhundert zurück. Damals war es üblich, dass – neben den Zimmerleuten – auch Nachbarinnen und Nachbarn beim Bau eines neuen Hauses mithalfen. Das Fest wurde zum Dank für den intensiven Einsatz aller Beteiligten gefeiert und markierte zugleich den offiziellen Zeitpunkt, an dem alle offenen Rechnungen in Verbindung mit dem Hausbau beglichen sein mussten. Nur so konnte der Einzug in das neue Haus frei von allen Belastungen erfolgen. Zudem spielte Aberglaube eine große Rolle. Das Ritual sollte den Bauleuten Glück bringen und das Haus vor Unheil schützen.
3. Sagenumwobenes Nadelholz
Egal ob Richtkranz oder Richtbaum, wie dieser Brauch entstanden ist, ist nicht ganz klar. Sicher ist, dass Bäume als Rohstoff schon immer eine große Bedeutung hatten. Nicht nur die Häuser wurden aus ihnen gebaut, sondern auch mit ihnen beheizt. Das immergrüne Nadelholz der Richtkränze und -bäume stand offenbar für Festigkeit, Standhaftigkeit und Langlebigkeit – all das, was man sich auch von den neu gebauten Häusern wünschte.
In vielen germanischen und skandinavischen Mythen wird dem Wald und den Bäumen zudem eine große Bedeutsamkeit zugesprochen. Dort lebten nach der Vorstellung der Menschen gute und böse Geister. Da für den Hausbau Bäume gefällt wurden, wollte man diese Geister möglicherweise durch das symbolische Anbringen eines Richtbaumes besänftigen und sich dankbar zeigen.
4. Schmuck mit Bedeutung
Richtkränze wurden damals von jungen Mädchen aus der Nachbarschaft per Hand gebunden. Dafür schmückten sie die Nadelzweige mit Blumen, buntem Papier, Taschentüchern und langen Bändern. Oft brachte man ein „rotes Taschentuch“ (geknotetes Bündel für Wäsche und Handwerkszeug) an, welches ein Geldstück für den Zimmerer enthielt, der später den Richtspruch aufsagte. Das Taschentuch wurde auch „Charlottenburger“ oder „Berliner“ bezeichnet und galt als Symbol für die Bekleidung des Zimmerers.
5. Witzig und poetisch: Der Richtspruch
Mit der Richtrede, die auch Zimmermannsspruch oder Richtspruch genannt wird, bittet in der Regel die erfahrenste Zimmergesellin oder der -geselle um den Segen für das Haus. Damals gab es für jede Gebäudeart verschiedene Versionen des Richtspruchs, die in Prosa oder Poesie vorgetragen wurden. Meist wird hier in zünftiger und amüsanter Sprache von den Zimmerleuten gereimt, der prachtvolle Bau geehrt und Bauherren und Familie beglückwünscht. Auch heute sind Richtsprüche fester Bestandteil des Richtfests.
Beispiel für einen traditionellen Richtspruch:
„Nun nehme ich froh das Glas zur Hand,
gefüllt mit Sekt bis an den Rand,
und mit dem feurigen Saft der Reben
will jedermann die ehr ich geben,
wie sich nach altem Brauch gebührt,
wenn so ein Bau ist ausgeführt.
Das erste Glas der Bauherrschaft:
Glück soll sein in diesem Haus!
Die Eintracht fliehe nie daraus!
Der Tod kehrt nur ganz selten ein.
Der Storch, der soll hier Stammgast sein.
Dem Bauherrn und seiner Frau daneben ein dreifach hoch!
sie sollen leben. hoch, hoch, hoch!
Und noch ein Hoch den Maurern und Zimmerleuten,
durch deren Kraft der Bau erstand.
Hoch sollen sie leben, hoch, hoch, hoch!
Dann will ich mein' Spruch beenden, es lebe hoch die Bauherrschaft!
Mein Trunk sei diesem Haus geweiht, es stehe fest in Ewigkeit!“
6. Geschenke des Himmels
Traditionell werden zum Richtfest Brot und Salz als „Geschenke des Himmels“ mitgebracht – dahinter steckt der Wunsch, dass die Beschenkten nie Hungern müssen und von Bösem verschont bleiben. Auch heute noch schenkt man zum Richtfest „Brot und Salz“, oft auch neu interpretiert, in Form eines Brotkorbs, Brotschneidebretts, oder Salzstreuers. Gern werden auch andere Arten von Glücksbringern verschenkt, was sicherlich auf den Aberglauben im Mittelalter zurückgeht. Auch bei einem privaten Umzug in eine neue Wohnung, hat der Besuch gerne mal ein Brot mit kleinem Salzstreuer dabei.
7. Richtfest rund um die Welt
Richtfeste werden in vielen Ländern der Welt gefeiert. Dabei hat jedes Land seine eigenen Traditionen. In den Vereinigten Staaten zum Beispiel, wird das Richtfest typischerweise zu Werbezwecken genutzt. Der Richtbaum wird mit der amerikanischen Flagge, Luftballons und anderen Ausstattungsgegenständen geschmückt. Oft wird der letzte Balken eines Wolkenkratzers weiß gestrichen und von allen beteiligten Arbeitern unterschrieben. In Neuseeland wird die Fertigstellung des wasserdichten Dachs mit einem „roof shout“ gefeiert, bei dem die Bauunternehmenden eine Fahne als Zeichen für die Bauherrin oder den Bauherrn aufstellen, als Dank gibt es dann hoffentlich etwas zu Essen und Bier.
degewo feiert Richtfest
Auch bei den Bauprojekten von degewo wird Richtfest gefeiert. Zum Beispiel bei dem Modellprojekt für soziales und betreutes Wohnen in der Gotenburger Straße/Ecke Prinzenallee im Soldiner Kiez. In dem fünf- und siebengeschossigen Neubau entstehen auf 3.500 Quadratmetern Wohnfläche 58 barrierefreie Wohnungen, davon 47 Einzimmerwohnungen und elf Zwei- bis Neunzimmerwohnungen mit 104 Wohnplätzen. Im Beisein von Christian Gaebler, Staatssekretär für Bauen und Wohnen in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Berlin, Christoph Keller, Bezirksstadtrat für Jugend, Familie und Gesundheit im Bezirk Berlin-Mitte und Sandra Wehrmann vom Vorstand der degewo AG wurde auch dort am 18. November 2022 nach alter Tradition Richtest gefeiert.
Auf der degewo-Website halten wir Sie zu unseren Bauprojekten auf dem Laufenden. In unseren Pressemitteilungen erfahren Sie, wenn bei degewo wieder Richtfest gefeiert wird und neue Wohnungen für Mieterinnen und Mieter entstehen.