Schillerhof, Wiesenburg und Schlangenbader Straße stehen unter Denkmalschutz. Wie lebt es sich dort? Berliner Nachbarn erzählen, was sie am Leben im Denkmal schätzen.
Der Bewahrer
Es ist erst ein paar Jahre her, dass Bernhard Kohlenbach selbst in das degewo-Gebäude an der Schlangenbader Straße einziehen wollte. Als Kunsthistoriker fasziniert ihn die Architekturgeschichte im Allgemeinen und die Nachkriegsarchitektur im Besonderen. Mit der „Wohnmaschine“ über der Autobahn hat er sich besonders lange und intensiv beschäftigt: „Das hier ist etwas ganz Besonderes, eine gebaute Utopie“, sagt er. „Ein Gebäude, um die Umgebung vor den Nachteilen des wahnsinnigen Autoverkehrs zu schützen.“ Rund zehn Jahre lang stand die „Schlange“ auf der Liste der Großbauten, die als mögliche Baudenkmale erforscht wurden. Ein ganz besonderer Moment war es, als Bernhard Kohlenbach dem greisen Architekten des Gebäudes mitteilen konnte, dass sein Gebäude so bewahrt wird, wie es heute ist. „Er konnte vor Rührung kaum sprechen“, erinnert er sich. Und warum zog Kohlenbach am Ende doch nicht in die Schlangenbader Straße? „Es gab keine Wohnung, die nach Westen ging“, sagt er. „Ich habe mir aber Abendsonne gewünscht.“
Die Eingesessene
Petra Dell’Anna kannte die Schillerhöhe schon, als es hier noch Ofenheizung und Gemeinschas-Waschräume gab: „Da liefen die Leute mit Kinderwagen und Schlitten voller Wäsche hin“, erinnert sie sich. Die 72-Jährige zog 1963 mit Mutter und Vater in die Siedlung im Wedding. „Und seitdem war ich eigentlich immer hier.“ 1992 übernahm sie endgültig den Mietvertrag ihrer Eltern. Nur kurz nach einer großen Renovierung ihrer Wohnung begann degewo 2011 mit einer umfassenden Sanierung und Modernisierung der Siedlung. Das hieß, dass alle Leitungen, Fallrohre und Heizungen erneuert und die Wände zusätzlich gedämmt wurden. Die alten Doppelfenster wurden – natürlich denkmalgerecht – durch einfache Fenster mit Isolierglas ersetzt. Zwar bedeutete die Sanierung auch für Petra Dell’Anna eine anstrengende Zeit. Trotzdem sagt sie: „Heute bin ich vollauf zufrieden. Ich fühle mich, als würde ich in einem Neubau wohnen.“
Die Kreative
Wenn Ariane Spiekermann Besuch bekommt, erlebt sie vor allem – Staunen. „Jeder, der hierherkommt, ist völlig fasziniert“, stellt sie fest. Sie lebt und arbeitet seit acht Jahren im ehemaligen Verwaltungsgebäude der Wiesenburg und sagt: „Ich würde am liebsten niemals hier ausziehen.“ Neben der bunten Hausgemeinschaft aus Künstlern und Kreativen sind es auch die historischen Gemäuer, die für sie den Ort zu etwas Besonderem machen. „Wir alle haben uns intensiv mit der Geschichte des Ortes befasst“, sagt sie. „Dass es früher ein Asyl war, prägt den Geist hier. Auch heute ist jeder willkommen.“ Schon oft habe die Wiesenburg nachhaltigen Eindruck auf die Besucher gemacht und Lebensläufe verändert. „Das ist eine Wechselwirkung von Ort und Menschen“, sagt sie. In ihrer 60-Quadratmeter-Wohnung genießt sie neben dem Blick ins Grüne vor allem die dreieinhalb Meter hohen Decken und die Küche mit dem original erhaltenen Terrazzo-Boden. Und natürlich die Möglichkeit, dem Großstadt-Stress zu entziehen: „Wenn ich hier durch das Tor komme, fällt alles von mir ab.“