Stephanie Peker leitet den Nachbarschaftstreff Emmi in der Emmichstraße in Lankwitz. Mit uns hat sie über ihren Alltag vor Ort, die Highlights und Herausforderungen ihrer Arbeit gesprochen – und uns mit Iryna bekannt gemacht, einer ehrenamtlichen Helferin, die 2022 aus der Ukraine geflohen ist.
Im vergangenen Jahr entstand in Lankwitz ein neues degewo-Quartier – und mit ihm der neue Nachbarschaftstreff Emmi, der Teil des Beratungs-, Service- und Betreuungsangebots SOPHIA ist, einem Tochterunternehmen von degewo. Sozialarbeiterin Stephanie Peker leitet den Nachbarschaftstreff. Im Interview erzählt sie, warum Orte, an denen sich Menschen treffen und vernetzen können, gerade in Neubaugebieten wichtig sind.
degewo | Hallo Frau Peker, welchen beruflichen Hintergrund haben Sie und seit wann arbeiten Sie im Nachbarschaftstreff Emmi?
Stephanie Peker | Seit Dezember letzten Jahres arbeite ich im Nachbarschaftstreff Emmi und als Regionalleitung von SOPHIA für den Berliner Süden, wo ich die Nachbarschaftstreffs koordiniere und betreue. Vor meiner Tätigkeit bei SOPHIA habe ich hauptsächlich in der psychosozialen Beratung für Erwachsene gearbeitet, was mir im Umgang mit den Menschen in den Nachbarschaftstreffs sehr hilft.
Wie sieht ein typischer Arbeitstag im Nachbarschaftstreff Emmi aus?
Meine Arbeit ist sehr abwechslungsreich: Der Tag beginnt meistens damit, dass wir um 9 Uhr die Türen der Emmi öffnen. Meine Kollegin Frau Schneider und ich teilen uns die Aufgaben. Frau Schneider leitet viele Gruppen und hilft bei der Programmgestaltung. Ein typischer Tag besteht aus der Organisation und Durchführung verschiedener Aktivitäten. Zum Beispiel das Sprachcafé oder den Frühstückstreff, die Beratung der Nachbarschaft in sozialen Fragen und die Koordination von Projekten. Oft müssen wir spontan auf die Bedürfnisse der Menschen im Stadtteil reagieren, sei es bei persönlichen Anliegen wie dem Ausfüllen von Anträgen oder bei der Organisation von Angeboten. Im administrativen Bereich kümmere ich mich um die Planung, Verwaltung und Zusammenarbeit mit den Ehrenamtlichen.
Den Nachbarschaftreff gibt es erst seit Dezember 2023. Wie wird das Angebot bisher angenommen?
Seit der Eröffnung haben wir viel positive Resonanz erhalten. Viele Menschen nutzen unsere Angebote, obwohl der Zuzug im Quartier noch nicht abgeschlossen ist. Wir haben Angebote für verschiedene Zielgruppen, von Seniorinnen und Senioren über Familien bis hin zu Studierenden und Auszubildenden – wir wollen möglichst viele Menschen erreichen.
Können Sie uns zu den Angeboten etwas mehr erzählen?
Wir bieten beispielsweise mehrmals in der Woche Gedächtnistrainingskurse für Seniorinnen und Senioren an, eine Krabbelgruppe für Kleinkinder und Eltern, Handarbeits- und Yogakurse sowie einiges mehr. Am Wochenende kann man unsere Räumlichkeiten auch für private Feiern nutzen.
Wo finde ich Veranstaltungen in meinem Quartier?
Ganz einfach, bei „Meine degewo“ – dem degewo-Serviceportal für Mieterinnen und Mieter. Dort finden Sie nicht nur Termine von Emmi, sondern von allen Nachbarschaftsprojekten in unseren Kiezen.
Nicht nur der Nachbarschaftstreff ist neu, sondern das ganze degewo-Quartier in Lankwitz. Gibt es schon Vernetzungen zwischen den Nachbarinnen und Nachbarn oder ist es eher anonym?
Ich denke, dass gerade Emmi viel zur Vernetzung im Stadtteil beiträgt. Von Anfang an gab es einen festen Kern von Bewohnerinnen und Bewohnern, die sich aktiv an unseren Angeboten beteiligt haben und andere motivieren. Diese Vernetzung hilft, Anonymität zu überwinden und nachbarschaftliches Engagement zu fördern. Das ist besonders wichtig für alleinlebende Seniorinnen und Senioren, die durch die Teilnahme an unseren Angeboten ein wenig aus ihrer Einsamkeit herausgeholt werden.
Sie erwähnten nachbarschaftliches Engagement - wie wichtig ist das Ehrenamt für die Angebote und Ziele des Nachbarschaftstreffs Emmi?
Unsere Arbeit wäre ohne Ehrenamtliche nicht in dem Umfang möglich, wie wir es leisten. Wir haben natürlich sehr viel Erfahrung, weil wir schon sehr lange dieser Arbeit nachgehen. Aber es ist ebenso wichtig, dass wir ehrenamtliche Mitarbeitende haben, die ein Angebot mehr begleiten sowie ihre Perspektive und ihren Input einbringen. Die Ehrenamtlichen kommen oft aus dem Mieterkreis und wollen die Gemeinschaft, in der sie zum Teil auch neu leben, selbst beleben und mitgestalten. Sie befördern, dass die Menschen nicht mehr isoliert leben, geben Anstöße für die Gemeinschaft, für ein aktives Miteinander - das ist unglaublich wertvoll.
Eine der ehrenamtlichen Helferinnen ist Iryna, die wir zuvor kennenlernen durften. Sie floh im März 2022, kurz nach dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine, nach Deutschland. Wie kam sie zu ihrem Engagement im Nachbarschaftstreff Emmi?
Die Zusammenarbeit mit Iryna und ihr Engagement ist ein wunderbares Beispiel für das, was wir bei SOPHIA erreichen wollen: Sie ist selbst Mieterin im Quartier und hat hier angefangen, sich Unterstützung beim Sprachenlernen zu suchen oder durch das Jobcoaching einen Job zu finden. Iryna hat schnell gemerkt, dass es viele Menschen hier in der Nachbarschaft gibt, die ihre Unterstützung und Erfahrungen benötigen könnten. Es ist ganz wundervoll zu sehen, wie sie das alles transportiert und Menschen begeistert, zu kommen. Menschen, die doch zum Teil sehr isoliert leben, weil vielleicht die Geschehnisse im Herkunftsland noch so präsent oder die Sprachkenntnisse so gering sind, dass sie sich gar nicht trauen würden, von alleine zu kommen.
Wenn Sie auf die letzten Monate zurückblicken, was ist in der Anfangsphase besonders gut gelaufen?
Besonders positiv finde ich die Organisation des Sprachcafés durch Iryna, dass wir im Nachbarschaftstreff anbieten. Viele Mieterinnen und Mieter mit Migrationshintergrund nutzen das Angebot und einige deutsche Nachbarinnen und Nachbarn unterstützen sie beim Erlernen der Sprache. Das ist nicht nur für das Deutschlernen sehr positiv, sondern es sind auch tolle Freundschaften entstanden, die ich für das Nachbarschaftsklima sehr wichtig finde.
Und welche Herausforderungen gibt es bei der Arbeit im Nachbarschaftstreff?
Eine der größten Herausforderungen ist es, die Menschen zu erreichen, ihre Bedürfnisse zu erkennen und darauf einzugehen. Gerade auch im Hinblick auf die Bewohnerinnen und Bewohner, die sich vielleicht noch nicht so recht trauen, vorbeizukommen. Es ist wichtig, niederschwellige und offene Angebote zu schaffen, die für alle Nachbarinnen und Nachbarn leicht zugänglich sind. Das erfordert manchmal auch eine hohe Frustrationstoleranz, beispielsweise, wenn unsere Angebote nicht direkt angenommen werden. Auch Geduld ist wichtig, denn es braucht Zeit, bis die Menschen Vertrauen fassen und unsere Angebote regelmäßig nutzen. Außerdem müssen wir flexibel auf Unvorhergesehenes reagieren und immer bereit sein, neue Ideen und Anregungen aufzunehmen. Unser Ziel ist es, dass alle, die mitmachen wollen, auch ein passendes Angebot bei uns finden.
Der Nachbarschaftstreff befindet sich in einem degewo-Quartier und ist außerdem Angebot eines degewo-Tochterunternehmens. Wie erleben Sie hier die Zusammenarbeit?
Die Zusammenarbeit mit degewo ist für mich durchweg sehr positiv. Meine Ansprechpersonen vom Quartiersmanagement haben immer ein offenes Ohr für unsere Anliegen und unsere Wünsche werden schnell umgesetzt, beispielsweise wenn es um einen neuen Schaukasten für die Mieterschaft geht.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft von Emmi?
Ich möchte unsere Angebote für die Nachbarschaft noch weiter ausbauen. Es wäre schön, wenn wir noch mehr auf die individuellen Bedürfnisse der Nachbarinnen und Nachbarn eingehen könnten. Gerade im Hinblick auf die Seniorinnen und Senioren, von denen viele alleinleben. Ich fände es toll, wenn wir zum Beispiel an Geburtstagen Hausbesuche machen könnten, vor allem bei denen, deren Angehörige weiter weg wohnen.
Vielen Dank für das interessante Gespräch!