Wer steckt hinter dem Friedrich-Kayßler-Weg? Der Schauspieler, Schriftsteller und Komponist führte ein bewegtes Leben, unter anderem in Berlin. degewo begibt sich auf Spurensuche und lernt den Namensgeber einer Anliegerstraße in der Gropiusstadt im Berliner Bezirk Neukölln kennen.
Mitten im degewo-Quartier Gropiusstadt, im Süden von Berlin, nicht weit von der Grenze zu Brandenburg, liegt der Friedrich-Kayßler-Weg. Er beginnt gegenüber der U-Bahn-Station Wutzkyallee und verläuft südlich des Grünzugs Gropiusstadt, bevor er auf Höhe des Parks am Vogelwäldchen zum Sollmannweg wird. An der Ecke zur Walter-Frank-Zeile hat degewo ein modernes, mehrstöckiges Wohngebäude gebaut. In den insgesamt 151 Wohnungen können sich vom Single bis zur Familie alle wohlfühlen.
Lieber Schauspiel als Studium
Doch wer steckt hinter dem Namen der Straße? Der 1874 im heutigen Polen geborene Friedrich Martin Adalbert Kayssler, auch Friedrich Kayßler genannt, begeisterte sich schon als Gymnasiast für die Schauspielkunst. Während seines Philosophie-Studiums in München (1893/94) widmete er sich allerdings lieber dem „Akademisch-dramatischen Verein“ als den Lehrbüchern. Im Nachhinein war das für Kayßler die richtige Entscheidung, denn während einer seiner Aufführungen wurde der deutsche Kritiker und Regisseur Otto Brahm auf den damals 22-Jährigen aufmerksam. Brahms Begeisterung war so groß, dass er Kayßler für das „Deutsche Theater“ in Berlin verpflichten konnte.
Ein umtriebiger und vielseitiger Künstler
Nach dem Ende seines Wehrdienstes trat Kayßler 1895 sein Engagement in Berlin an und wurde vom Oberspielleiter Emil Lessing ausgebildet. Weitere Lehrjahre in Görlitz, Halle und Breslau folgten. Im Jahr 1900 zog es ihn wieder zurück ans „Deutsche Theater“. Kayßler überzeugte das Publikum durch die Echtheit seines Schauspiels. Auch Kayßlers Kolleginnen und Kollegen waren von seinem Talent begeistert. Obwohl ihn unter seinem Förderer Brahm eine steile Karriere erwartete, löste sich Kayßler 1905 von ihm und wechselte in das Ensemble seines vertrauten Kollegen Max Reinhardt. Kurz vor Beginn und während des 1. Weltkriegs spielte der umtriebige Kayßler auf verschiedenen Bühnen Deutschlands, Österreichs und Polens. Ein Jahr später wurde er Direktor der „Neuen Freien Volksbühne“ in Berlin und förderte dort auch junge Nachwuchsregisseure.
Ein Ausflug in die Lyrik
Ab 1923 gönnte sich Kayßler dann eine Pause vom Schauspiel und widmete sich seinem schriftstellerischen Interesse. Er verfasste vorwiegend impressionistische Märchendramen und Lustspiele, trat aber auch mit Gedichten, Essays und Aphorismen an die Öffentlichkeit. Hier ein Gedicht aus seinem Buch „Wege – Ein Weg.“ aus dem Jahr 1929:
Der Dichter erzählt in der Dämmerung ...
Ich habe ein Stück geschrieben,
es ist schon lange her;
den Titel, den, meine Lieben −
den weiß ich selber nicht mehr.
Ich schmiss es in einen Abgrund,
der hieß die Dramaturgie,
in den fiel es damals hinab und −
seitdem treib' ich Philosophie.
Eine Familie voller Schauspielerei
Nach seinem Ausflug in die Welt der Literatur, wirkte Kayßler sieben Jahre später immer wieder in deutschen Spielfilmen mit, durch die er erst richtig bekannt wurde. Nicht selten war Kayßler gemeinsam mit seiner zweiten Ehefrau, der Schauspielerin Helene Fehdmer, vor der Kamera zu sehen. Seine Enkelin, Christine, trat in die Fußspuren ihres berühmten Großvaters und wurde ebenfalls Schauspielerin. Von 1933 bis zu seinem Tod gehörte er dem Ensemble des Preußischen Staatstheaters an. Sohn Christian Kayssler, der auch ein erfolgreicher Schauspieler war, starb 1944 im Alter von 46 Jahren bei einem alliierten Bombenangriff. Friedrich Kayßler starb wenige Tage vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs, am 27. April 1945 in Klein-Machnow bei Berlin durch die Kugeln sowjetischer Soldaten.
Bedeutende Werke und Filme
Friedrich Kayßler spielte in vielen namhaften Stücken, darunter das Kleist-Drama „Der Prinz von Homburg“, Goethes Faust I und II, Lessings „Nathan der Weise“, Schillers „Maria Stuart“ und „Don Carlos“. Auch wirkte er in bekannten Filmen mit, wie zum Beispiel „Der Hauptmann von Köpenick“ und „Der Hund von Baskerville“ und veröffentlichte selbst erfolgreiche Bühnenstücke wie „Simplicius“ und „Jan der Wunderbare“.
Kunst in der Gropiusstadt
Wenn Sie das nächste Mal durch den Friedrich-Kayßler spazieren und sich vom künstlerischen Leben des Namensgebers inspiriert fühlen, dann haben wir genau das Richtige für Sie: Denn in der Gropiusstadt gibt es richtig viel Kunst zu bestaunen. Das Quartiersmanagements Gropiusstadt Nord hat einen Spaziergang zusammengestellt, bei dem man sich ganz gemütlich und vollkommen kostenlos interessante Kunstwerke ansehen kann. Abbiegen lohnt sich!