Im Berliner Süden kümmert sich Jörg Knackendöffel seit 40 Jahren darum, dass Jugendliche nicht auf die schiefe Bahn geraten. Ein Besuch im „haus of fun“.
Wenn man Jörg Knackendöffel, 61, fragt, wie sich die Jugendlichen im Kiez in den vergangenen 40 Jahren verändert haben, muss er nicht lange nachdenken. Heute seien sie geschickter mit dem Smartphone als mit dem Hammer. Das, was die Jugendlichen bewegt, sei aber immer noch dasselbe. „Sie wollen wahrgenommen werden“, sagt Knackendöffel, „und sie wollen, dass man sich mit ihnen beschäftigt.“ Er muss es wissen, seit 1979 betreut der gelernte Erzieher junge Menschen in Marienfelde am südlichen Stadtrand Berlins. Heute im „haus of fun“ am Tirschenreuther Ring 67.
Als Jörg Knackendöffel in Marienfelde anfing, gab es hier das „haus of fun“ noch nicht. Dort, wo jetzt der Jugendclub ist, war nur ein Acker, auf dem ein Bauwagen und ein paar bunt bemalte Bretterbuden standen. Dahinter erhoben sich die Hochhäuser der Waldsassener Straße, allen voran die Nummer 29 mit ihren 27 Stockwerken. Die Hochhäuser gibt es immer noch, nur sieht man sie kaum noch hinter den Bäumen, die auf dem 4.000 Quadratmeter großen Gelände gewachsen sind.
Knackendöffel führt über das Grundstück. Auf der Wiese zwischen den Fußballtoren sind ein paar Bierbänke aufgebaut. Eine Gruppe junger Ungarn ist zu Besuch, gestern haben sie zusammen mit den Jugendlichen aus der Nachbarschaft gegrillt. Etwas weiter spreizt ein riesiger Vogel seine metallenen Flügel. Ein Künstler hat alte Fahrradrahmen zusammengeschweißt, die Krallen waren mal Speichen, der Kopf besteht aus Lenkern. Das Podest, auf dem der Vogel thront, soll mal ein Pavillon werden. Zusammen mit ein paar Mädchen aus dem Club baut Knackendöffel Sitzbänke und Seitenwände
Anmelden muss sich niemand im „haus of fun“. Aber wer regelmäßig da ist, bekommt einen Clubausweis. Den geben die Jugendlichen auch als Pfand ab, wenn sie sich einen Fußball oder Tischtenniskellen ausleihen wollen. Um sich das Lastenfahrrad auszuleihen, das auf dem Hof parkt, braucht man keinen Clubausweis. Das Rad mit Ladefläche gehört zum Quartiersbüro W40 und ist für alle Nachbarn da. Für den Transport von Getränken und Material zu Nachbarschaftsfesten habe sich das Lastenrad schon bewährt, sagt Knackendöffel.
Das „haus of fun“ ist für Kinder und Jugendliche zwischen sechs und 18 Jahren. Sie suchen einen Raum, in dem sie zusammen sein können, oder fragen Knackendöffel und seine vier Kollegen um Rat, wenn sie ein Problem haben. „Für manche ist es gut, einen Ansprechpartner zu haben, der nicht Mama oder Papa ist“, sagt er. Es gebe Jugendliche, die zu Hause kaum ein nettes Wort zu hören bekommen. Wenn er aber was gelernt habe, dann, dass jeder Mensch Stärken habe. „Ich bin immer wieder überrascht, welches Potenzial selbst die vermeintlich größten Knalltüten haben“, sagt er, „man muss den Kindern nur Mut machen.“ Manchmal kommt einer vorbei, der längst erwachsen ist, um sich für die gute Zeit zu bedanken, erzählt Knackendöffel. „Mensch Knacki, dit war immer toll bei Euch“, kriegt er dann zu hören. Ein Satz, der ihm zeigt, dass es sinnvoll ist, was er hier seit 40 Jahren tut. Mehr, sagt er, könne er sich eigentlich gar nicht wünschen.
Kinder- und Jugendclub „haus of fun“
Die Freizeiteinrichtung im Bezirk Tempelhof-Schöneberg liegt am Tirschenreuther Ring 67 in Marienfelde. Willkommen sind Kinder ab dem Schulalter und Jugendliche bis 18 Jahre. Auf dem Außengelände gibt es einen Bauspielplatz,
einen Fußballplatz sowie eine Fahrradwerkstatt. Drinnen haben die Jugendlichen Platz zum chillen, quatschen und Musik
hören. Man kann sich bei Brettspielen, Tischtennis und Kicker vergnügen oder angeleitete Kurse besuchen, etwa Tanz oder Selbstverteidigung.