Das Team Partizipation von degewo schafft mit der mobilen Dialogstation einen Raum für Beteiligung bei Neubauvorhaben, Modernisierungsvorhaben und im Rahmen des Quartiersmanagements. Teamleiterin Karolin Stirn und Mitarbeiterin Valentina Nadwornicek sprechen im Interview über diese einzigartige Mitbestimmungsmaßnahme, die Resonanz, die sie erfährt, und über ihre Bedeutung für die Nachbarschaft.
Mehr Mitsprache von Anwohnerinnen und Anwohnern: Das ist das erklärte Ziel von degewo. Ein neues Tool ermöglicht nun verschiedene Formen der Beteiligung und hilft dadurch die Mitbestimmung zu stärken.
degewo-Blog | Karolin, was steckt hinter der Dialogstation und was habt ihr euch bei diesem Beteiligungsformat gedacht?
Karolin Stirn | Die degewo-Dialogstation ist ein Werkzeug, welches unter anderem bei unseren Neubau- und Modernisierungsvorhaben zum Einsatz kommt. Es ermöglicht verschiedene Partizipationsformate, wodurch sowohl Mietende als auch Anwohnende die Gelegenheit bekommen, bei der Gestaltung ihrer Nachbarschaft mitzuwirken. Man kann sich die Station als einen mobilen Pavillon vorstellen, der als fester Begegnungsort während eines Beteiligungsverfahrens eingerichtet wird. Damit können sich Anwohnerinnen und Anwohner über ein Bauvorhaben informieren und sich gleichzeitig untereinander austauschen beziehungsweise miteinander ins Gespräch kommen. Zusätzlich werden mit den Beteiligten ausgewählte Fragen rund um den Wohnungsbau bearbeitet. Im Zentrum steht hierbei in der Regel das entsprechende Wohnumfeld.
Wie ist die Dialogstation aufgebaut und welche Funktionen erfüllt sie?
Valentina Nadwornicek | Für uns stand bei der Konzeption der Dialogstation die Möglichkeit der Information und des Austauschs im Vordergrund. Dafür hat der Pavillon verschiedene Darstellungsflächen, die sowohl in eingeklappter als auch in aufgeklappter Form sichtbar sind. Wenn man die Dialogastation aufmacht, hat man die Möglichkeit, Tische und Hocker auszuklappen beziehungsweise herauszunehmen. Dadurch wird der Pavillon durch wenige Handgriffe zu einer mobilen Workshopstation, wodurch eine interaktive Partizipation ermöglicht wird. Die Darstellungsflächen können dabei als Pinnwände genutzt werden, um zum Beispiel die Ergebnisse eines Workshops darzustellen. Diese Funktionen waren uns sehr wichtig, um die Beteiligung für die Bürgerinnen und Bürger so einfach wie möglich zu machen.
Das heißt, die Station ist komplett mobil und kann überall aufgestellt werden?
Valentina Nadwornicek | Genau. Jedoch stellen wir sie meist für einen längeren Zeitraum an einem Ort auf. In der Regel ist das bis zu einem halben Jahr, je nachdem, wie lange der Beteiligungsprozess dauert. Die Station begleitet dann die einzelnen Phasen des Prozesses. Von der Erstinformation, über verschiedene Workshopformate bis hin zur Ausstellung der Ergebnisse des Verfahrens.
Und wo kam die Station bisher zum Einsatz?
Karolin Stirn | Bis Dezember 2022 stand die Station in Köpenick, an der Salvador-Allende-Straße. Dort haben wir ein Neubauvorhaben, dass sich gerade in der Planungsphase befindet. Die Dialogstation hatten wir dort Anfang Juni 2022 aufgestellt und dort über den Sommer verschiedene Beteiligungsformate und Veranstaltungen durchgeführt.
Welche Menschen kommen in der Regel zu der Dialogstation?
Karolin Stirn | Bei den Auftaktveranstaltungen ist grundsätzlich viel los, dort ist meist ein guter Querschnitt der entsprechenden Nachbarschaft vertreten. Bei dem zuvor genannten Projekt kamen sogar mehr Menschen, als wir erwartet hatten. Auf die Dauer des Projektes gesehen kommen ganz unterschiedliche Menschen zu uns, um sich zu imformieren oder aktiv einzubringen.
Das bedeutet, die Dialogstation wird dann von den degewo-Mitarbeitenden regelmäßig aktualisiert?
Karolin Stirn | Richtig. Unsere Mitarbeitenden aktualisieren die Station immer entsprechend der jeweiligen Phase, in der sich das Beteiligungsverfahren befindet. Zu Beginn gibt es Plakate zur Erstinformation. Dort werden alle Eckdaten zu dem Neubauvorhaben und größere Themen wie Mobilität oder Freiraum vorgestellt. Diese hängen dann durchgängig an der Station, bis gegen Ende des Verfahrens die Ergebnisse präsentiert werden. Zusätzlich gibt es an der Station noch einen Briefkasten, über den die Anwohnenden Anregungen und Fragen äußern können. Dadurch kommen auch jene Menschen zu Wort, die nicht zu den Workshops erscheinen können oder möchten.
Was sind typische Nachrichten, die ihr immer wieder erhaltet?
Valentina Nadwornicek | Uns erreichen über den Briefkasten Wünsche oder auch Sorgen in Bezug auf das Neubauvorhaben. Manche Fragen beziehen sich aber auch auf die aktuelle Wohnsituation der Anwohnenden. Wie zum Beispiel die Entrümpelung des Kellers oder der Wunsch nach einer Modernisierung der Balkone.
Ist die Dialogstation auch Anlaufstelle für potenzielle Neumieterinnen und -mieter?
Valentina Nadwornicek | Wir arbeiten daran, auch diese Menschen mit in das Beteiligungsverfahren einzubeziehen. Aktuell richtet sich diese Maßnahme aber vornehmlich an die direkt „Betroffenen“ aus der unmittelbaren Nachbarschaft. In unseren Partizipationsverfahren geht es hauptsächlich darum, wie unsere Bestandsmietenden konkret von dem Neubauverfahren betroffen werden. Themen sind dabei zum Beispiel Verschattungen oder Veränderung der Sicht- beziehungsweise Lichtverhältnisse. Hier ist es uns wichtig, die Menschen so früh wie möglich in den Prozess einzubeziehen und ihnen eventuelle Ängste zu nehmen.
Warum ist euch das wichtig?
Karolin Stirn | Was wir tun, könnte man als „Konfliktprävention“ beschreiben. Es ist uns in erster Linie wichtig, dass es gar nicht erst zu Konflikten oder Missverständnissen rund um ein Neubauvorhaben kommt, sondern, dass wir frühzeitig den Dialog ermöglichen. Dabei spielt es eine sehr große Rolle, den Menschen erst einmal zuzuhören, ihnen Wertschätzung entgegenzubringen und anschließend für Fragen zur Verfügung zu stehen. Im nächsten Schritt gehört dazu auch, darüber zu sprechen, was sich die Betroffenen von ihrem Wohnumfeld wünschen und welche ausgleichenden Maßnahmen möglich sind. Das liegt uns sehr am Herzen, denn unsere Bestandsmietenden sind uns genauso wichtig wie potenzielle neue Mietende.
Gibt es Beispiele für solche ausgleichenden Maßnahmen, die ihr schon realisiert habt oder die angedacht sind?
Valentina Nadwornicek | Natürlich können wir nicht alle Wünsche von allen Betroffenen realisieren. Jedoch sind einige Sachen möglich, wie zum Beispiel die Bereitstellung von Fahrradstellplätzen, die Erweiterung eines Spielplatzes oder mehr Sitzmöglichkeiten. Begrünungsmaßnahmen wie Beetboxen oder Bienenwiesen gehören auch dazu. Bei unserem Projekt in der Salvador-Allende-Straße konnten wir die Anwohnenden auch in die Besetzung der Gewerbeeinheiten im geplanten Neubau mit einbeziehen. Hier hatte sich der Großteil der Teilnehmenden für eine gastronomische Einheit ausgesprochen, was wir anschließend auch an unser Gewerbemanagement weitergegeben haben.
Also wird dieser Prozess gut von den Anwohnenden angenommen?
Karolin Stirn | Ja, auf jeden Fall. Meiner Erfahrung nach sind die Reaktionen durchweg positiv. Nicht nur von den Mietenden, sondern auch von den externen Gästen, wie zum Beispiel Beauftragte des entsprechenden Bezirksamtes, Stellvertretende der Mieterbeiräte, externe Fachplanende oder Vertretende der Sozialraumorientierten Planungskoordination, welche wir zu unseren Veranstaltungen und Workshops einladen. Hier haben wir das Feedback bekommen, dass die Dialogstation von degewo etwas bislang Einzigartiges ist und sich sehr gut für ein solches Beteiligungsverfahren eignet. Wir sind sehr stolz darauf, mit unserem Team Partizipation hier Vorreiter zu sein.
Und wie geht es mit dem Beteiligungsformat weiter?
Valentina Nadwornicek | Die Dialogstation ist ja relativ neu und wurde erst wenige Male eingesetzt. Wir planen jedoch, auch die weiteren Verfahren mit der Dialogstation im Nachgang auszuwerten und unseren Prozess so immer weiterzuentwickeln.
Vielen Dank für das Gespräch!
Für degewo sind Austausch mit Mietenden und Mitbestimmung wichtige Themen. Wenn Sie mehr über die Beteiligungsformate von degewo erfahren möchten, dann besuchen Sie unsere Website.